Volksstimme vom 22.05.2007
Feuerwehr-Barkas auf Tour: Mit Tempo 70 nach Holland
DDR-Technikfreund Lothar Meyer zeigt seinen B 1000 erstmals beim IFA-Treffen
von Nico BindeObwohl er zu DDR-Zeiten unehrenhaft aus der Feuerwehr entlassen wurde, hat Lothar Meyer die Faszination "Feuerwehr" nie losgelassen. Das zeigt sich in seiner Vorliebe für historische Löschtechnik. Am Wochenende fahrt er zum ersten Mal zum Trabant- und IFA-Treffen nach Epse in Holland. Womit? Natürlich mit einem Feuerwehr-Barkas, Baujahr 1969.
Salzwedel/Epse Wo soll ich während der drei Tage schlafen; fragte sich Lothar Meyer, als feststand, dass er zum Trabant-und IFA-Treffen nach Holland mitfahren würde. Auf der Barkas-Pritsche eines IFA-Freundes? Nein! Schließlich kommt auch Gattin Annegret mit. Also musste der 60-jährige Salzwedeler umdisponieren. Er räumte die Tragkraftspritze aus seinem Feuerwehr-Barkas und nahm auch die Schläuche heraus. Jetzt gab es zwar immer noch nur bescheidenen Platz, aber für zwei Betten reichte es. Die Übernachtungen in Holland sind gesichert. Außerdem "sind wir Kummer gewöhnt", sagt der Freund der DDR-Technik.
Es ist das erste Mal, dass Lothar Meyer am Wochenende mit dem B 1000 zum Ostalgie-Treffen nach Holland fährt. "Das sind 430 Kilometer, um 5.30 Uhr geht\'s los." Eine Reisegeschwindigkeit von Tempo 70 erfordert die frühe Abfahrt. "Wir wollen die Autos ja nicht jagen." Doch wenn es sein müsse, würde der 45 PS starke Barkas noch "seine 100 laufen".
Wenn es sein muss, läuft der Barkas noch Tempo 100
Die Einladung der IFA-Freunde habe ihn selbst überrascht, aber wenn sie schon mal da war, wollte er sie nicht ausschlagen. Schließlich sind die IFA-Freunde und die Interessengemeinschaft DDR-Löschtechnik, der Lothar Meyer angehört, Brüder im Geiste.
Er fand eher aus einer Notsituation zu den Löschtechnikfreunden. Nachdem der Salzwedeler 1984 wegen eines nicht bewilligten Ausreiseantrages unehrenhaft aus der freiwilligen Feuerwehr entlassen wurde, schloss er sich den Dampflokfreunden an. Diese infizierten ihn mit dem Nostalgie-Virus.
Dennoch dauerte es bis zum Jahr 1998, bis er sein erstes DDR-Feuerwehrfahrzeug erstand. "Es war der Ausrück-Dienst-Wagen der Feuerwehr, ein Wartburg. Den entdeckte ich im Feuerwehrmuseum Stendal und habe dem damaligen Leiter das Fahrzeug aus dem Kreuz geleiert. Für eine Spende von 250 Mark." Über diesen Handel freut sich der Mann mit dem Kapitänsbart noch heute diebisch.
Der Höddelsener Feuerwehr nahm er im gleichen Jahr den ausrangierten Barkas ab, ein weiterer kam im Lauf der Jahre hinzu. Doch sein Schmuckstück bleibt der 1969er Barkas aus Höddelsen. "Der hatte damals noch die typische weiße Bauchbinde, aber nach einem kleinen Unfall habe ich ihn wieder komplett Rot lackieren lassen", sagt Meyer. Und so steht er da, mit blitzendem Chrom, feuerroter Lackierung und laufendem Motor, dessen Abgase an vergangene Zweitakt-Zeiten erinnern.
Dazwischen lag eine Zeit der Aufarbeitung. So ist der Motor überholt, eine authentische Tragkraftspritze wurde aus Anklam besorgt und einige Schläuche mussten auch noch rein, damit das ehemalige Feuerwehrfahrzeug wieder ein echtes Feuerwehrfahrzeug wird.
Ohne TS und Schläuche? Das verstößt gegen meine Prinzipien.
"Leider werden das die Holländer nicht sehen", blickt Meyer voraus. Er musste ja TS und Schläuche «herausnehmen, um Platz für die Schlafgelegenheiten zu schaffen. "Das verstößt eigentlich gegen meine Prinzipien, denn ich zeige das Fahrzeug sonst so, wie es früher aussah - mit Innenleben." Spaß werden die Niederländer trotzdem am Fahrzeug haben. Das sieht man ihm an.
Das Chrom blitzt, der Lack glänzt und die 2,40 Meter langen Schläuche auf dem Dach sind Originalteile. Der Anhänger bleibt zwar in Salzwedel, aber der 1969 gebaute Barkas geht Sonnabend auf große Tour nach Holland. Lothar Meyer wird ihn steuern. (Foto: Nico Binde) |
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