Der Prignitzer vom 11.05.2015
Die "Dicke Babelsbergerin" ist da
Brandenburgs größtes Eisenbahnmuseum präsentiert zum Frühlingsfest seine neueste Errungenschaft, die Diesellok 118 748
Wittenberge Fotoapparate klicken, Handys werden gezückt, als am Sonnabend eine kleine Diesellok langsam ihre große Schwester mit der Nummer 118 748 aus dem Ringlokschuppen auf die Drehscheibe im ehemaligen Bahnbetriebswerk (Bw) Wittenberge zieht. Dirk Endisch vom Museumsverein dirigiert das Manöver vom Führerstand der kleinen Lok. Dann steht die 118 748 richtig, kann von den Besucher des Frühlingsfestes im größten Eisenbahnmuseum Brandenburgs in Augenschein genommen werden.
Die Diesellok 118 748 ist das jüngste Ausstellungsstück. "Seit dem 23. April ist sie offiziell in der Elbestadt zu Hause", sagt Vereinsmitglied Dirk Endisch und berichtet von der bewegten Geschichte des Schienenveterans. Der VEB Lokomotivbau "Karl Marx" Babelsberg lieferte die Diesellok 1968 an die Deutsche Reichsbahn. Nach ihrer Endabnahme gelangte sie zum Bahnbetriebswerk Erfurt. Nach einem kurzen Gastspiel im Bw Nordhausen stand die von den Eisenbahnfreunden aufgrund ihrer Gestaltung auch "Dicke Babelsbergerin" genannte Lok von 1971 bis 1973 in Diensten des Bw Schwerin. Anschließend kehrte die Lok nach Thüringen zurück. Zunächst setzte das Bw Nordhausen die Maschine ein, bevor sie zu den Bahnbetriebswerken Arnstadt und Meiningen gelangte. Diese bespannten mit ihr Personen- und Güterzüge bevorzugt auf Steilstrecken wie beispielsweise zwischen Suhl und Schleusingen.
Bevor die "Dicke Babelsbergerin" 1982 zum Bw Rostock gelangte, hatte sie im Sommer 1980 im Raw Karl-Marx-Stadt zwei neue 900 kW starke Dieselmotoren bekommen. Verbunden damit war laut Endisch die Veränderung der Betriebsnummer auf 118 748. Endisch weiß aufs Jahr genau, wo die heutige Museumslok wann in wessen Diensten stand, kann Eisenbahnfreaks, die nicht nur die Technik bewundern, darüber im Detail Auskunft geben. So weiß er auch, "dass die Deutsche Bahn am 31. Mai 1998 die 118 748 als eine der letzten ihrer Baureihe ausmusterte". "Aber es begann für sie noch einmal ein neues Leben." Die Mitteldeutsche Eisenbahn Gesellschaft erwarb sie im Juni 1999. Dort stand sie bis zum Februar dieses Jahres im Dienst. "Da stand bereits fest, dass die Maschine als Dauerleihgabe zu uns ins Museum kommt." Am 3. Mai um 19.02 Uhr rollte die "Dicke Babelsbergerin" mit eigener Motorkraft in das Wittenberger Museums-Bw. Es war die wirklich letzte Fahrt. Die Diesellok 118 748 darf nicht mehr aus eigener Kraft fahren. Am letzten Freitag um 24 Uhr ist ihr TüV abgelaufen. Deshalb war sie auch auf die Hilfe ihrer kleinen Schwester angewiesen, um auf dem Museumsgelände besucherfreundlich platziert zu werden.
So groß das Interesse der Eisenbahnkenner beim Museumsfest an der "Dicken Babelsbergerin" auch war, die Dampflok mit ihrem Angebot, einige hundert Meter im Führerstand mitzufahren, toppt es. Wieder als Lokführer mit im Museumseinsatz war auch der 74-jährige Ulrich Winterberg. Als er sich eine kurze Pause gönnte, musste der gestandene Lokführer Hände zu schütteln und Fragen nach dem Wohlergehen beantworten. Kollegen aus dem ehemaligen Bw Güstrow kamen zu Besuch. "Ich bin noch als Heizer bei Winterberg gefahren. Es war eine gute Zeit", sagt Horst Julius.
Wie auch die Güstrower zog das Museumsfest sehr viele Auswärtige teils von weit her nach Wittenberge. Die Autokennzeichen waren Beleg dafür.
Auch Kerstin und Thomas Koschorreck aus Rostock wollten dieses Ereignis nicht verpassen. "Wir sind häufiger hier. Diese Technik fasziniert uns", meint Kerstin Koschorreck. Ins Auge stach der Ingenieurin diesmal besonders ein kleines und ungewöhnliches Fahrzeug, das auch ausprobiert werden durfte. Das modifizierte Moped "Spatz" wurde in den 50er Jahren gebaut und zu Schienenkontrollfahrten eingesetzt.
Die kleine Diesellok zieht das neue Museumsstück – die „Dicke Babelsbergerin“ auf die Drehscheibe, im Führerhaus Dirk Endisch. |
So eine Draisine macht Sohnemann Adrian und Vater Axel Milich gemeinsam Spaß. |
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